Am Samstag 5.3. führten mehrere Gruppen eine Mahnwache gegen den aktuellen furchtbaren Krieg in der Ukraine durch. „Die Waffen nieder!“, Waffenstillstand und Verhandlungen, Schutz und Unterstützung der Zivilbevölkerung – aber keine neue Waffen ins Kriegsgebiet, alle Kriegsparteien abrüsten statt massiv aufrüsten, das waren die Forderungen. Nachfolgend der Beitrag von Jürgen Grässlin, Sprecher der Kampagne „Aktion Aufschrei –Stoppt den Waffenhandel!“, Bundesprecher der DFG-VK und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros.
Dieser Krieg muss sofort beendet werden

Jürgen Grässlin mit der Urkunde des Aachener Friedenspreis 2011.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Friedensfreund*innen,
Wir alle erschrecken über die inhumane und völkerrechtswidrige
Militärintervention russischer Streitkräfte in der Ukraine. Millionen
Zivilist*innen werden in die Flucht getrieben, Abertausende Menschen
werden in der Ukraine verletzt oder ermordet, unter ihnen auch Frauen und Kinder. Keine noch so irrationale Behauptung des russischen Präsidenten Wladimir Putin kann dieses barbarische Vorgehen in irgendeiner Weise legitimieren. Dieser Krieg muss sofort beendet werden!
Die Waffen müssen schweigen, Diplomatie muss Lösungen auf dem
Verhandlungsweg herbeiführen!
Nie dagewesener Aufrüstungs- und Militarisierungsschub in Deutschland
Die SPD-GRÜNEN-FDP-geführte Bundesregierung nutzt diese Situation für
einen nie dagewesenen Aufrüstungs- und Militarisierungsschub.
Bundeskanzler Olaf Scholz verkündete jüngst in seiner
Regierungserklärung „eine Zeitenwende in der Geschichte des
Kontinents“. Über ein Sondervermögen soll der Verteidigungsetat auf
rund 75 Milliarden Euro drastisch erhöht werden. Hundert Milliarden
Euro werden schuldenfinanziert für die Bundesw hr bereitgestellt. Das
Bruttoinlandprodukt soll auf bis zu 3% für Rüstung und Militär
gesteigert werden – eine Unsumme an Geld, die in Zukunft für Bildung,
Pflege u.v.a. Sinnvolle fehlen wird.Auch wird die ukrainische Armee
umfassend mit Kriegswaffen aus NATO-Staaten hochgerüstet. Deutschland
liefert gepanzerte Fahrzeuge, Panzerfäuste, Panzerabwehrwaffen und
Boden-Luft-Raketen. Krieg ist gut fürs Geschäft. Die Aktienkurse der
Rüstungskonzerne erreichen unglaubliche Rekordwerte. Wir, die
Bürgerinnen und Steuerzahlerinnen werden nicht einmal mehr gefragt,
wie wir zu alledem stehen, Demokratie wird ausgehebelt. So sieht die
bellizistische Kehrtwende des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Scholz
aus, der als Hochrüstungskanzler in die deutsche Geschichte eingehen
wird. Schande über diese Bundesregierung, die den Krieg in der Ukraine
schamlos für eine historisch hohe Aufrüstung und Militarisierung
Deutschlands ausnutzt!
Waffenlieferungen sind Öl ins Feuer und helfen nicht
Wer glaubt, die Lieferung und der Einsatz deutscher Waffen würden den
Krieg in der Ukraine positiv beeinflussen und den ukrainischen
Widerstand zum militärischen Sieg führen, der muss sich die fatalen
Folgen seines Denkens bewusst machen.
Warum ist die unerwartete Wende in der Rüstungsexportpolitik der
Bundesregierung so dramatisch und folgenschwer? Wer den Export von
Kriegswaffen in einen Krieg hinein genehmigt, wird selbst zur
Kriegspartei und kann – wie Deutschland – nicht mehr Organisator
oder Partner bei Friedensverhandlungen sein. Wer Waffen in ein
Kriegsgebiet liefert, der verliert die Kontrolle über deren Einsatz.
Defensivwaffen gibt es nicht – jede Waffen kann auch offensiv zu
Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden. Die gelieferten
Kriegswaffen befördern eine Konflikteskalation, mit ihnen wird Öl ins
Feuer eines Krieges gegossen.
Deutschland exportiert Waffen an kriegsführende Staaten
Bereits in der Vergangenheit hat die
Bundesregierung Waffenexporte an kriegführende und
menschenrechtsverletzende Staaten genehmigt. Mit deutschen Waffen haben
Militärs der Türkei, von Saudi-Arabien, von den Vereinigten
Arabischen Emiraten und von Ägypten mörderische Gewaltakte im
Irak-Krieg, im Syrien-Krieg, im Libyen-Krieg bzw. im Jemen-Krieg
befördert oder selbst durchgeführt! Wir befürchten, dass die
Waffenlieferungen der Ampelkoalition an die Ukraine die in diesem
Frühjahr beginnenden Gespräche über ein neues
Rüstungsexportkontrollgesetz negativ beeinflussen werden. Die
Kriegswaffenexporte an die Ukraine könnten als Door-Opener dienen,
neuerliche Waffenexporte in Krisen-und Kriegsgebiete zu legitimieren. Das darf nicht passieren!
Was ist jetzt zu tun?
Liebe Friedensfreundinnen, was ist zu tun? Völkerrecht muss von allen Regierungen weltweit geachtet werden. Kriegsverbrecher müssen vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gestellt werden. Die Grenzen müssen für Menschen geöffnet und für Waffen geschlossen werden. Alle Menschen, die vor Krieg und Gewalt zu uns flüchten, müssen in Europa Zuflucht finden. Die Waffenmärkte in der Ukraine, in Russland und in allen Krisen- und Kriegsregionen der Welt müssen ausgetrocknet, Rüstungsexporte müssen gestoppt werden. Alle kritischen Journalistinnen, alle Friedensdemonstrantinnen, Kriegsdienstverweigererinnen und Deserteur*innen in Russland und in der
Ukraine müssen Unterstützung erhalten und Schutz finden! Jede
Gelegenheit zur Diplomatie und zur Verhandlung muss gefördert und
genutzt werden, um die Waffen zum Schweigen zu bringen. Lasst uns
Frieden schaffen ohne Waffen! Lasst uns der „Unkultur des Krieges“
eine allumfassende „Kultur des Friedens“ entgegensetzen!
Abkehr von fossiler Energie ! – Atomkraft ist keine Alternative, sondern eine riesige Gefahr
Der Russland-Ukraine-Krieg nimmt immer dramatischere Ausmaße an: Heute
Nacht wurde auch Europas größtes Atomkraftwerk Saporischschja seitens
der russischen Armee angegriffen. Zum Glück wird es gerade renoviert
und ist außer Betrieb. Allerdings befindet sich Kernbrennstoff darin.
Diese dramatische Entwicklung ist das zugkräftigste Argument gegen den
Ausbau der vermeintlich „zivilen“ Atomkraft. Denn militärisch ist
der Schutz für Abertausende Atomkraftwerke in aller Welt unmöglich!
Deshalb meine Forderung: Kein Ausbau der Atomkraftwerke in Europa und
weltweit! Zur Kultur des Friedens gehört auch die vollständige
Umstellung unserer Energieversorgung auf regenerative Energiequellen!
Ich wünsche euch viel Kraft für diese und für viele weitere
gewaltfreie kreative Aktionen und Aktivitäten als unser Beitrag zur
Beendigung des grausamen Krieges in der Ukraine. Und mögen alle im
Moment tobenden rund 30 kriegerischen Konflikte wieder in den Fokus
weltweiter Aufmerksamkeit und damit der Hilfe gerückt werden.